Beruf: Profihandballspieler

Beruf: Profihandballspieler

Die kürzlich ausgetragenen Spiele der Deutschen Handballnationalmannschaft gegen die Mannschaften aus Montenegro und Israel haben in mir Erinnerungen wach gerufen. Denn es war wie immer, wenn im Vorfeld Kritik geübt wird an den Akteuren und Leistungsträgern der Begegnung. Da knicken dann schon mal echte „Profis“ ein, die dem psychischen Druck aus den quasi eigenen Reihen nicht standhalten. Ergebnis: Leistungen wie gesehen gegen Montenegro und gegen Israel.

Eigentlich war jedem Betrachter der Begegnungen klar, diese Profihandballer können mehr! Doch wie immer standen die Spieler zwischen zwei Stühlen, und das macht ihnen den Weg, ihre absolute Motivation zu finden, mehr als schwer. Der Spieleinsatz bei der Nationalmannschaft verlangt nun mal die absolute Motivation. Diese ist durchaus auch abhängig von einem Gefühl von Ehre, das Land zu repräsentieren, einem gewissen Maß an Respekt für die Zuschauer und auch der berechtigten Sorge um den Stellenwert des Handballsports im eigenen Land. Eine ganz persönliche Motivation kann auch noch dazu kommen – wie bei mir, denn ich spielte auch immer für meinen Vater.
In diesem künstlich produzierten Zwiespalt steckend, kommt es immer häufiger vor, dass zentrale Spielmacher sich hin und wieder wie ganz selbstverständlich eine „Pause“ von der Nationalmannschaft gönnen oder einfach gerade „nicht zur Verfügung stehen“. Jedem echten Vollblutsportler bleibt angesichts einer solchen Einstellung ein fahler Beigeschmack – und erst dem zahlenden Handballfan.
Noch verwunderlicher, wenn sich eigentliche Vorzeigesportler der Nation öffentlich äußern und dazu raten, sich auf die Vereinsarbeit zu konzentrieren und die Nationalmannschaft eher zu meiden. Ich staune, wenn ich Kommentare höre, dass diese Handballprofispieler zu hohen Belastungen ausgesetzt sind und die müsse man reduzieren – zu Ungunsten der Nationalmannschaft natürlich.
Ich bin der Meinung, hier braucht es dringend ein Umdenken, um im Handball international wieder eine bedeutende Rolle spielen zu können. Und zwar im Sinne des sportlichen Geistes, der auch Begeisterung, Leidenschaft, Engagement und Stolz für sein Land impliziert.
Ein paar Fakten, die den Unkenrufen entgegen zu setzen sind:
Ein Handballspiel dauert normalerweise sechzig Minuten. Wenige Spieler nur spielen die vollen sechzig Minuten, weil gewechselt wird. Die sogenannten Abwehr- / Angriff- Spezialisten spielen maximal achtunddreißig Minuten.
Fragen wir uns mal ernsthaft: Wo ist die extreme Belastung? Vielleicht auch objektiv im Vergleich gesehen zu anderen Profisportarten wie Fußball oder gar Tennis?
Es ist bekannt, dass eine Trainingseinheit anstrengender ist als das Spiel selbst. Auch wenn eine Mannschaft drei Spiele in einer Woche bestreitet, gibt es die Möglichkeit, differenziert und komplex für die spezifische Kondition und Taktik zu sorgen und selbstverständlich – auch für die Regeneration.
Fragen wir uns mal ernsthaft: An wem liegt es, das sich so mancher Spieler überanstrengt und überfordert fühlt?
Die Statistik belegt, dass die meisten Verletzungen eines Spielers während des Trainings passieren. Einfache Erklärung – die Spieler sind im Training weitaus weniger konzentriert als während einer Spielbegegnung.
Fragen wir uns mal ernsthaft: Ist die mögliche Verletzungsgefahr vielleicht nur eine Ausrede vor sich selbst?
Und da gibt es noch die Euphorie. Die Euphorie vor Tausenden von Zuschauern spielen zu dürfen, sich im sportlichen Kampf zu messen, seinen Körper und seinen Geist zu Höchstleistungen zu pushen – das ist aufregend. Und es ist genau das Richtige für die Psyche eines Profisportlers!
Fragen wir uns mal ernsthaft: Wie kann man im Profilager von psychischer Überforderung sprechen? Und wenn doch, dann ist man einer angeblichen Berufung folgend, im falschen Beruf gelandet.

Petre Ivănescu ist ehemaliger rumänischer Handballspieler und Handballtrainer, der 1987 und 1988 zum Trainer des Jahres gewählt wurde.